Das Rasteder Palais –
wo Sophie Charlotte Hitler zum Drei-Uhr-Tee empfing
Feldbreite 23, 26180 Rastede
Sophie Charlotte und Harald von Hedemann als begeisterte Nationalsozialisten
Sophie Charlotte von Oldenburg wurde am 2. Februar 1879 in Oldenburg geboren. Sie war die älteste Tochter des Großherzogs Friedrich August II. von Oldenburg und Elisabeth Anna von Preußen. Von 1906 bis 1926 war sie mit Prinz Eitel Friedrich von Preußen, dem zweitältesten Sohn von Kaiser Wilhelm II. verheiratet. Im Jahr 1927 heiratete sie in zweiter Ehe Harald von Hedemann. Beide waren schon sehr früh begeisterte Anhänger der Nationalsozialisten, 1930 traten sie in die NSDAP ein. Über Sophie Charlotte wird außerdem erzählt, dass sie ihre Gesinnung zum Ausdruck brachte, indem sie in einer NS-Uniform durch Rastede lief.
Das Paar lebte bis 1933 im Rasteder Palais und wurde dort mehrmals von Adolf Hitler besucht, der zu Propaganda-Zwecken im Oldenburger Land unterwegs war. Eine Zeitung von 1932 berichtet, dass Adolf Hitler mit seinem „Busenfreund“ Harald von Hedemann im Oldenburger Hof zu Gast war und anschließend von Sophie Charlotte im Palais zum 3-Uhr-Tee empfangen wurde.
- Marken, Günter: Geschichtsträchtige Nazi-Villa in Bad Zwischenahn wird abgerissen. In: nordwest-sonntagsblatt.de, 27.10.2021, https://www.nordwest-sonntagsblatt.de/nachrichten/ammerland/geschichtstraechtige-nazi-villa-in-bad-zwischenahn-wird-abgerissen.html, letzter Zugriff: 19.12.2022.
- Prof. Dr. Dietmar von Reeken, Jun.-Prof. Dr. Malte Thießen u.a.: Wissenschaftliche Untersuchung der Straßennamen der Stadt Oldenburg. Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Fakultät IV – Institut für Geschichte 2013, S. 212. (Die Untersuchung kann als PDF-Datei heruntergeladen werden unter: https://www.oldenburg.de/fileadmin/oldenburg/Benutzer/PDF/30/Dokumentation_Oldenburger_Strassennamen_Endfassung_6.No_.pdf).
- Klee, Ernst: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt am Main 2007, S. 226. (Das Buch kann in der Bibliothek der Universität Oldenburg ausgeliehen werden.)
- Auf den folgenden Seiten von NWZ Online sind Fotos von Sophie Charlotte von Oldenburg und anderen Personen beim Spaziergang mit Adolf Hitler:
- im Schlossgarten: https://www.nwzonline.de/plus-ammerland/bad-zwischenahn-rastede-oldenburg-geschichte-als-hitler-vor-10000-menschen-sprach_a_51,4,1783254896.html, letzter Zugriff: 19.12.2022.
- im Palaisgarten: https://www.nwzonline.de/plus-ammerland/rastede-ortsgeschichte-als-hitler-zum-tee-bei-der-herzogin-war_a_51,11,3133763103.html, letzter Zugriff: 30.12.2022.
Harald von Hedemann als Führer der SA in Rastede und Oldenburg
Nach seinem Eintritt in die NSDAP baute Harald von Hedemann die Rasteder SA auf. Zeugenaussagen zufolge war er ein Schlägertyp. 1934 lobte ihn die Zeitung „Nachrichten für Stadt und Land“: „Rücksichtslos gegen sich selbst war er ein Revolutionär des Führers, dem er hundertprozentig treu ergeben war.“ Als Mitglied des Rasteder Gemeinderats war er Initiator und Unterstützer antisemitischer Maßnahmen von Seiten der Gemeinde.
Vahlenkamp, Werner: Von der Achtung zur Ächtung: Die Geschichte der Rasteder Juden. 1989, S. 23. (Das Buch kann in der Gemeindebücherei Rastede ausgeliehen werden.)
Harald von Hedemann bekleidete im Dritten Reich hohe Ämter in Oldenburg:
- Von 1932 bis 1934 führte er die SA-Standarte 91.
- 1934 wurde er Führer der SA-Reiterstandarte 63 und der SA-Brigade 63.
- 1938 wurde von Hedemann Major der Schutzpolizei und SA-Oberführer.
Als SA-Oberführer war Harald von Hedemann auch an den Novemberpogromen in Oldenburg beteiligt. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde dabei die Synagoge und das Schulgebäude von SA-Leuten angezündet. Außerdem wurden jüdische Geschäfte demoliert. Am 10. November steckte man die Leichenhalle des jüdischen Friedhofs in Brand – dabei war auch Harald von Hedemann.
SA-Männer verhafteten alle Juden, bedrohten und misshandelten sie. Die verhafteten Juden des Oldenburger Landes und Ostfrieslands. Insgesamt etwa 500 Männer wurden mit der Eisenbahn ins KZ Sachsenhausen gebracht. Die Oldenburger Juden wurden 1939 nach vielen Misshandlungen aus dem KZ Sachsenhausen entlassen, mussten aber zustimmen aus Deutschland auszuwandern.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde von Hedemann wegen der Brandstiftung an der Leichenhalle auf dem jüdischen Friedhof angeklagt. Er stritt die Beteiligung ab. Von Hedemann wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.
Tautz, Joachim: Novemberprogrome 1938 in Niedersachsen: Oldenburg. In: pogrome1938-niedersachsen.de, 2018, https://pogrome1938-niedersachsen.de/oldenburg/, letzter Zugriff: 24.06.2022.
Nach dem Ende des Nationalsozialismus
Sophie Charlotte und Harald von Hedemann lebten noch bis zum Tode von Hedemanns im Jahr 1951 in der Villa am Parkrand Hankhausen in Rastede auf dem heutigen Emsold-Gelände. Nach dem Tod ihres Ehemanns zog Sophie Charlotte nach Bad Zwischenahn, sie starb am 29. März 1964 in Westerstede.
Marken, Günter: Geschichtsträchtige Nazi-Villa in Bad Zwischenahn wird abgerissen. In: nordwest-sonntagsblatt.de, 27.10.2021, https://www.nordwest-sonntagsblatt.de/nachrichten/ammerland/geschichtstraechtige-nazi-villa-in-bad-zwischenahn-wird-abgerissen.html, letzter Zugriff: 19.12.2022.