Das Haus der jüdischen Familie Hoffmann
Raiffeissenstraße 16, 26180 Rastede
Die jüdische Familie Hoffmann
Die jüdische Familie Hoffmann bestand aus dem Ehepaar David und Selma (geborene Polak) sowie den vier gemeinsamen Kindern Arend, Siegfried, Carla und Hermann. Die Familie wohnte in der Knoopstraße 120 (heute Raiffeisenstraße 16). David und seine Söhne waren Viehhändler. Selma Hoffmann war die Schwester von Sophie de Levie, die mit ihrer Familie in der Bahnhoftstraße wohnte. Selma Hoffmann verstarb im Mai 1933 eines natürlichen Todes.
- Name: David Hoffmann
- Beruf: Viehhändler
- Geburtsdatum: 24.02.1877
- Geburtsort: Aurich
- Ehefrau: Selma (geborene Polak)
- Kinder: Arend, Carla, Siegfried und Hermann Hoffmann
- Todestag: Dezember 1942
- Todesort: Ghetto Minsk (Belarus)
- Name: Selma Hoffmann (geb. Polak)
- Geburtsdatum: 16.03.1873
- Geburtsort: Westerstede
- Ehemann: David Hoffmann
- Kinder: Arend, Carla, Siegfried und Hermann Hoffmann
- Todestag: 11.05.1933
- Todesort: Rastede
- Name: Arend Hoffmann
- Beruf: Viehhändler
- Geburtsdatum: 14.08.1904
- Geburtsort: Nordhorn
- Todesdatum: 28.07.1972
- Todesort: Berry, Südaustralien
- Name: Siegfried Hoffmann
- Beruf: Viehhändler
- Geburtsdatum: 02.02.1906
- Geburtsort: Rastede
- Todestag: 22.01.1936
- Todesort: Gerichtsgefängnis Oldenburg
- Name: Carla Hoffmann
- Geburtsdatum: 03.09.1907
- Geburtsort: Rastede
- Name: Hermann Hoffmann
- Geburtsdatum: 01.12.1908
- Geburtsort: Rastede
- Todesdatum: 08.08.1991
- Todesort: Australien
Vahlenkamp, Werner: Von der Achtung zur Ächtung: Die Geschichte der Rasteder Juden. Oldenburg 1989, S. 60f. (Das Buch kann in der Gemeindebücherei Rastede ausgeliehen werden.)
Siegfried Hoffmann – erstes jüdisches Todesopfer im Oldenburger Land
Siegfried Hoffmann, Sohn von David und Selma Hoffmann, war mit einer christlichen Frau verlobt, als die Nationalsozialsten 1933 an die Macht kamen. Dies galt in Rastede schon zu diesem Zeitpunkt als „Rassenschande“, das Paar wurde schikaniert und ausgegrenzt. Daher wollten sie auswandern. Siegfried Hoffmann bereitete die Ausreise vor und reiste dazu im September 1935 nach Luxemburg. Als er zurückkehrte, waren die Nürnberger Gesetze erlassen worden, welche Beziehungen zwischen jüdischen Menschen und „Ariern“ unter Strafe stellten. Siegfried Hoffmann wurde wegen Geschlechtsverkehr mit einer „Arierin“ denunziert und daraufhin verhaftet. Er kam ins Untersuchungsgefängnis der Stadt Oldenburg. Dort starb er im Januar 1936 – kurz vor seinem dreißigsten Geburtstag – wohl an den Folgen von Misshandlungen. Die Justiz gab als Todesursache an, er habe Selbstmord begangen. Das Grab von Siegfried Hoffmann befindet sich auf dem jüdischen Friedhof Westerstede.
Vahlenkamp, Werner: Von der Achtung zur Ächtung: Die Geschichte der Rasteder Juden. Oldenburg 1989, S. 37f. (Das Buch kann in der Gemeindebücherei Rastede ausgeliehen werden.)
Arend, Carla und Hermann Hoffmann – Vertreibung
Der Tod von Siegfried war ein Schock für die Familie, seine Geschwister erkannten, dass Deutschland für sie kein sicherer Ort mehr war. Außerdem musste die Familie ihren Viehhandel aufgeben, als die Rasteder Bauern ab 1936 ihr Vieh von den neu aufgebauten Viehzuchtverbänden bezogen. Daher brach auch das Einkommen weg. Arend Hoffmann emigrierte im November 1937 nach Australien. Seine Geschwister Carla und Hermann verließen ebenfalls Rastede. Sie hielten sich zunächst an verschiedenen Orten in Deutschland auf und flohen dann in die Niederlande. Im Oktober 1938 konnten sie Arend nach Australien folgen. Dort bauten sie sich eine Existenz als Viehhändler auf, gründeten Familien und blieben zeitlebens dort.
Vahlenkamp, Werner: Von der Achtung zur Ächtung: Die Geschichte der Rasteder Juden. Oldenburg 1989, S. 42. (Das Buch kann in der Gemeindebücherei Rastede ausgeliehen werden.)
David Hoffmann – Deportation und Ermordung
Der Vater der Familie, David Hoffmann, stammte ursprünglich aus Aurich. Im Jahr 1903 hatte er Selma Polak geheiratet. Sie war eine Tochter des Westersteder Viehhändlers Arend Polak. Das Ehepaar ging nach Rastede. Als seine Kinder 1938 nach Australien auswanderten, war David Hoffmann 60 Jahre alt. Er wollte in Deutschland bleiben und auch das Haus in Rastede nicht verkaufen. Er zog im Jahr 1938 zurück in seine Geburtsstadt Aurich, wo er zunächst bei seiner Schwester und dann bei einer Freundin der Familie wohnte. Als die ganze Region 1940 „judenfrei“ gemacht wurde, musste David Hoffmann Aurich verlassen und nach Hamburg ziehen. Von dort wurde er am 8. November 1941 ins Ghetto Minsk (Belarus) deportiert, wo er 1942 im Alter von 62 Jahren starb.
In der Stadt Aurich wurde im Jahr 2015 zum Gedenken an David Hoffmann in der Wallstraße 28 ein „Stolperstein“ verlegt, wo er von 1939 bis 1940 als Untermieter der Jüdin Rosa Wolffs wohnte.
Vahlenkamp, Werner: Von der Achtung zur Ächtung: Die Geschichte der Rasteder Juden. Oldenburg 1989, S. 42. (Das Buch kann in der Gemeindebücherei Rastede ausgeliehen werden.)
Deportationliste Transport Hamburg – Minsk am 8.11.1941: Staatsarchiv Hamburg, Bestand 314-15, Nr. 24 UA 2. (http://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_nwd_411108.html)
Informationen über David Hoffmann auf der Webseite „Stolpersteine: Im Gedenken an Aurichs Opfer des Nationalsozialismus“: https://stolpersteineaurich.wordpress.com/2010/01/13/david-hoffmann
Die Häuser in der Raiffeisenstraße 16 und 14
Die Familie Hoffmann besaß in der damaligen Knoopstraße die Häuser mit den Nummern 120 und 121. Das Wohnhaus der Familie – heutige Raiffeisenstraße 16 – wurde 1904 erbaut und gehörte seit 1922 David Hoffmann. Im Jahr 1933 wurde es auf seine Kinder überschrieben. Von 1936 bis 1944 war seine Tochter Carla Hoffmann die Eigentümerin. Zwar waren Arend, Carla und Hermann ausgewandert, aber David Hoffmann wollte das Haus nicht verkaufen, obwohl er unter Druck gesetzt wurde. Im Jahr 1944 wurde es vom Großdeutschen Reich enteignet.
Ein kleineres Gebäude auf dem Grundstück nebenan – heutige Raiffeisenstraße 14 – wurde für das Nutz- und Viehzuchtgeschäft der Familie Hoffmann als Schweinestall genutzt. Im Jahr 1939 verkaufte David Hoffmann das Grundstück mit dem Stall an seinen Nachbarn Franz Gode, der mit seiner Familie in der Raiffeisenstraße 12 lebte. Franz Gode richtete hier für seine Firma „Franz Gode Heizungsbau“ eine Werkstatt ein.
Im Jahr 1960 kaufte die Familie Gode auch das Wohnhaus in der Raiffeisenstraße 16 und vermiete es. Im Jahr 2001 kaufte die Firma Akzenthaus GmbH das Haus. Heute befindet sich in dem Haus unter anderem eine Psychotherapie-Praxis.
Das kleinere Gebäude in der Raiffeisenstraße 14 wurde inzwischen abgerissen. Das Gelände gehört nun zum Garten des Wohnhauses mit der Nummer 12.
Vahlenkamp, Werner: Von der Achtung zur Ächtung: Die Geschichte der Rasteder Juden. Oldenburg 1989, S. 42. (Das Buch kann in der Gemeindebücherei Rastede ausgeliehen werden.)
Uhlhorn, Charlotte: Alte Ortsstraßen. (Rasteder Rückblicke 2), Oldenburg: Isensee 2015, S. 34-38.