Ehrenfriedhof Rastede

Friedhofsweg 7, 26180 Rastede

von Sina Holthusen, Jule Würdemann und Isabell, Klasse 11D der KGS Rastede im Schuljahr 2021/22

Geht man über den Rasteder Ehrenfriedhof, so begegnen einem zahlreiche Grabplatten – Zeugnisse des Nationalsozialismus. Manche dieser Steine erzählen von erschreckend kurzen Leben, so zum Beispiel Käthe Tymochowicz, die am 23.02.1947 geboren und noch am selben Tag gestorben ist. Vor allem Kinder und junge Frauen sind hier begraben. Vielen ist das grausame Schicksal dieser Menschen nicht bekannt.

Reihen von in die Erde eingelassenen Platten auf dem Rasteder Ehrenfriedhof – Namen sowie Geburts- und Sterbedaten sind angegeben, Herkunft und Todesursache dagegen nicht. Foto von 2022
Über den Hintergrund der Toten informiert seit 2009 eine Gedenktafel, die durch das Engagement von Schüler*innen der KGS Rastede mit Hilfe von Spenden realisiert wurde. Foto von 2022

Das Leiden von schwangeren Zwangsarbeiterinnen

Vor allem aus Polen und der Sowjetunion wurden viele junge Frauen und Kinder ab etwa 12 Jahren verschleppt und als Zwangsarbeiter*innen gegen ihren Willen ins Deutsche Reich gebracht. Manche der Arbeiterinnen kamen bereits schwanger im Deutschen Reich an, andere wurden in den Lagern vergewaltigt. Anfangs wurden die Schwangeren einfach wieder abgeschoben, da man die Kosten für ihren Aufenthalt möglichst gering halten wollte. Später wurden spezielle Entbindungsanstalten eingerichtet. So ordnete Oldenburger Landrat Thiele an, dass „Ostarbeiterinnen“ nicht in den Familien, in denen sie untergebracht waren, und nicht in „normalen“ Krankenhäusern entbinden durfte. Später wurde den Frauen nicht zugestanden, ihre Kinder zu behalten. Stattdessen mussten sie sie kurz nach der Entbindung abgeben und wieder ihrer anstrengenden Arbeit nachgehen. Den Ostarbeiter*innen und Pol*innen ging es dabei besonders schlecht, da der Zeitraum des Mutterschutzes bei Ihnen auf acht Wochen reduziert wurde. Zwangsarbeiter*innen aus anderen Ländern erhielten rund vierzehn Wochen Mutterschutz.

Aussortierung der Neugeborenen

Gemäß der nationalsozialistischen Rassenideologie wurden die Säuglinge daraufhin überprüft, ob sie als lebenswert gelten konnten. Bei sogenannten „rassistische Überprüfungen” wurde zumeist willkürlich über das Schicksal der Kinder entschieden. Die Umsetzung dieser „volks-und rassepolitischen Standpunkte“ führten zu einer 50-90-prozentigen Todesrate bei den Säuglingen.

„Rassisch wertvolle“ Säuglinge durften zwar leben, wurden aber umgehend von den Müttern getrennt und entweder bei der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt oder bei einer deutschen Familie untergebracht. Die Mütter durften ihre Kinder dann nur einmal pro Monat besuchen und das auch nur an arbeitsfreien Tagen. Laut dem Oldenburger Landrat Thiele würden [nicht-arische] Kinder, die bei einer deutschen Familie oder auf einem deutschen Hof aufwachsen, zwangsläufig in diese Gemeinschaft hineinwachsen. Dies nicht rechtzeitig zu verhindern, sei eine Sünde gegen das nationalsozialistische Rassenprinzip der Reinhaltung des deutschen Blutes.

Zwangssterilisation und Abtreibung

Um Aufwand und Kosten, die durch Schwangerschaft und Geburt für das nationalsozialistische Deutschland entstanden, von vornherein zu vermeiden, wurden Menschen „minderwertiger Herkunft” zwangssterilisiert. Zudem wurden auch zwangsweise Abtreibungen durchgeführt. Aufgrund der schlechten Versorgung von schwangeren Zwangsarbeiterinnen aus Polen und der Sowjetunion sowie Zwangssterilisation und Abtreibung unter schlimmsten hygienischen Bedingungen, verstarben viele junge Frauen während der Schwangerschaft oder in Folge einer Entbindung.

Leokardia Marcinak starb 1944 in Rastede. Sie wurde 18 Jahre alt.

Alle Informationen wurden entnommen aus:

Hoffman, Katharina: Ausländische ZwangsarbeiterInnen in Oldenburg während des Zweiten Weltkrieges. Eine Rekonstruktion der Lebensverhältnisse und Analyse von Erinnerungen deutscher und polnischer ZeitzeugInnen: Dissertation zur Erlangung eines Doktorgrades der Philosophie des Fachbereichs Sozialwissenschaften an der Carl-von-Ossietzky Universität Oldenburg. Oldenburg: April 1999, S. 123-131. (Die Arbeit ist online verfügbar unter http://oops.uni-oldenburg.de/387/1/420.pdf).